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1 Nov, 2024
Zwei Auswärtsspiele innerhalb von vier Tagen sind nicht nur für die Spieler des 1. FC Union Berlin, sondern auch für die Fans eine (emotionale) Belastung.
Disclaimer: Man, was für einen Mist haben unsere Jungs da in Bielefeld angerührt. Das Einzige auf Bundesliga-Niveau war die Choreo im Auswärtsblock. Da war wohl doch was Falsches im Urin. Hoffen wir mal, dass das die versaute Generalprobe war und Sonnabend die Sensation folgt. Der Abend in Bielefeld war dann trotzdem feucht (leider nicht fröhlich) und am nächsten Morgen ging es mit Kater direkt nach München. Zwei Arbeitsbrückentage im lokalen Firmenkontor. D.h., Freitag wird es einsam, feiern die lokalen Katholiken an dem Tag doch ihre Heiligen.
Es gibt auch noch ein anderes Stadion in München
Zwei Auswärtsspiele innerhalb von vier Tagen. Der Kontrast von Bielefelder Fußball zu Fröttmaninger Event Tempel könnte größer kaum sein. Doch halt: Es gibt ja auch anderes in München. Ein Stadion, welches lange Zeit unumstrittenes Lieblingskind des deutschen Fußballs war. Eingeweiht durch einen 4:1 Erfolg der DFB-Auswahl gegen die Sowjetunion. Die Weiträumigkeit nur mit dem ehemaligen Stadion der Hunderttausend in Leipzig vergleichbar.
Im 1999 erschienen Büchlein „1000 Tipps für Auswärtsspiele“ heißt es: „Je nach Zuschauerandrang werden die Tore zwischen 13 und 14 Uhr geöffnet. Für Auswärtsreisende ist bei der Wahl ihres Blockes Vorsicht angesagt, nicht zuletzt, weil sich einige Bereiche mittlerweile in Sitzplätze verwandelt haben. Der harte Kern der Bayern-Fans trifft sich traditionell in der Südkurve Blöcke S2 bis V1, Auswärtsfans gehören in die Nordkurve Blöcke E2 bis H1. Wem das zu kompliziert ist, der setzt sich zwischen die beiden Kurven auf die Gegengerade und harrt der Dinge, die da kommen. Der ganze Stadionbereich ist außen herum nach wie vor frei begehbar, sodass auch der gemeine Kurvengänger während des Kicks mal am Bierzelt unter der Haupttribüne vorbeischauen kann.“
Spätestens hier ist klar, dass es sich bei der Beschreibung nicht um die Allianz-Arena, sondern um das 1972 eingeweihte Olympiastadion in München handelt. Wie gern hätte ich dort den 1. FC Union Berlin in der Bundesliga spielen sehen. Wofür die Hansa-Kekse übrigens auf ewig meines Neides sicher sind. Trotz der bis zu 195 Meter Distanz zwischen Fan und Ball. Trotz des im Winter latenten Anfrierens an den Sitzschalen in Reihe 1, Kurve, ohne Sicht auf irgendwas. Denn das Stadion hat dieses einmalige Flair von etwas Großem. Vor allem mittig, oben in der Gegengerade. Allein das Dach! Selbst oder vor allem, wenn es leer ist. Daher wird mein Weg am Scheinheiligen-Freitag auch genau dorthin führen. Zur stillen Andacht.
Stattdessen spielt Union am Sonnabend in der Schüssel neben der Fröttmaninger Müllkippe. Dort wollte ich nach dem Spiel am 19. März 2022 nie wieder hin, hatte ich mir geschworen. Nicht wegen der 0:4-Packung, die ist da ja immer mit einkalkuliert. Wer dorthin mit dem Auto anreist, fühlt sich irgendwo in der Endmoräne zwischen Lübz und Waren/Müritz. Sicher, die Entfernung Unter-Dach-Auswärtsblock zum Ball ist keine 190 Meter. Das Gefühl des Mittendrin stellt sich dort oben trotzdem eher wenig ein.
Nicht zu ertragen und trotzdem tut man sich die Allianz-Arena an
Wozu vor allem diese ständige, überlaute Eventbespaßung beiträgt: Jede Ecke, Auswechslung, Freistoß, Anstoß, Abstoß, Trainerfurz wird von einem überlauten „Wuuschdingeldingdingeldongwuusch – präsentiert von Qatar Airways“ begleitet. Tore werden mit Aufstehen zum Wiesenjodler goutiert, mit zwangsdebiler Lustig-Dödel-Stimmung des Herrn Stadionsprechers. Da wo man umsonst nur im weißem T-Kondom Einlass findet. Aber selbst im alkoholbefreiten Oberstring kann die bajuwarische Ordner-Welt nur schön sein, wenn am Stehsitzplatz weder geraucht noch gegessen wird.
Polnische Bierschwarzhändler außerhalb des Stadions? EINER! Mit einer Schlange, wie im Sozialismus. Eigentlich nicht zu ertragen. Und trotzdem tut man es sich an. Denn vielleicht gibt’s ja in der ersten Minute ein Tor für Union. Und eine Rote Karte für Kimmich. Und dann passiert nichts mehr bis zum Abpfiff. Und Werbestille kehrt ein im weiten Rund. Nur unterbrochen von den 90 Minuten lang jubelnden Unionern.
Eisern!